Blog of Cthulhu

Dieses Blog beschäftigt sich mit H.P.Lovecrafts Cthulhu-Mythos, dem Rollenspiel, den Romanen und Dingen, die darum herum geschehen.

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Donnerstag, Dezember 01, 2005

[Spiel] Spielleitertagebuch III

Verzweiflung und Elend

Was macht Horror aus? Wie bringt man seine Spieler dazu, das Grauen zu fühlen und zu erleben?
Das sind sicher die zentralen Fragen, die einem Cthulhu-Spielleiter im Kopf herumgeistern, sofern er nicht zum dem offenbar doch häufiger als erwartet vorkommenden Schlag gehört, die in Cthulhu eine Art Deluxe-Monstertötungsrunde sehen.
Das wunderbare Spielleiterhandbuch hat sich mit dieser Frage schon beschäftigt und versucht, darauf einige Antworten zu geben, die der Spielleiter für sich einmal ausprobieren sollte. Ein Konzept sieht den persönlichen Horror vor, also das Anwenden der Schrecken direkt auf die Spielercharaktere. Das Grauen kommt in diesem Fall nicht von externen Faktoren, z.B. gräßlichen Monstern, die eine Stadt terrorisieren oder bösartigen Ritualen, denen kleine Kinder zum Opfer fallen, sondern direkt aus dem tiefsten Inneren der Charaktere selber.

Genau dies habe ich in meiner aktuellen Cthulhu-Runde probiert. Die Charaktere wurden mit einer zersplitternden Realität konfrontiert, Wahrnehmungen konnten nicht mehr als echt oder illusorisch unterschieden werden und die eigenen Körper wurden zu dahinsiechenden Gefängnissen aus Fleisch.
Die Verwirrung war komplett, als ich Ihnen anstelle eines neuen südamerikanischen Schauplatzes auf einmal das Innere einer Irrenanstalt präsentierte und sie mit der baldigen Lobotomie bedrohte.
Mehrere Möglichkeiten zur Flucht waren vorgesehen, die auch ergriffen wurden, verschiedene Anhaltspunkte wurden gestreut, um den zwar gebrechlichen aber durchaus intellektuell noch fähigen Charakteren die Möglichkeit zu geben, dem Geschehen auf den Grund zu gehen.
Dennoch war die Verzweiflung und das Grauen offenbar so stark, dass einer der Spielercharaktere angesichts der desolaten Situation Selbstmord beging. Das erste Mal übrigens in meiner bisherigen Rollenspielkarriere.

Zwei mögliche Antworten gibt es nun für den Versuch, persönlichen Horror zu implementieren:
a) es hat perfekt geklappt, die Verzweiflung war so gut zu spüren, dass kein Ausweg mehr zu sehen war
b) es war zu viel des Guten und der Spieler verlor einfach den Spaß daran, einen Charakter zu spielen, dem es wirklich extrem dreckig ging

Ich für meinen Teil werte das Ganze als erfolg, denn das Grauen ist teilweise sichtlich vom Spielercharakter auf den Spieler übergegangen und die sehr direkte Bedrohung durch Schlimmeres als den Tod hat Früchte getragen. Vor allem hat es mir Spaß gemacht, die langsam im klassischen Cthulhu-Matrix-Stil aufgebaute Kampagne durch einen drastischen Einschnitt in komplenn neue Bahnen zu werfen. Ich glaube, dies hat nicht nur im Spielgeschehen die Erwartungshaltung der Charaktere erschüttert, sondern auch die der Spieler.